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Theater wird für das Publikum gemacht. So auch das Gefängnistheater: Seit 2013 haben über 10'000 Menschen die Aufführungen in den Anstalten gesehen.

Ein Faktor für das grosse Interesse ist die Einmaligkeit des Schauplatzes: AUSBRUCH gibt Einblick in die abgeschlossene Welt des Gefängnisses. Die Möglichkeit, ein Gefängnis von innen zu sehen und mit Gefangenen zu sprechen, schafft ein Theatererlebnis der besonderen Art.

Hintergrund und Geschichte

Intendantin Annina Sonnenwald kontaktierte 2012 den Direktor der JVA Lenzburg, mit dem Anliegen, dass sie Theater mit Gefangenen durchführen möchte. Sonnenwald war beim Theaterspiel mit Jugendlichen aufgefallen, dass Menschen mit ungewöhnlichen und schwierigen Biografien häufig spannende Ergebnisse auf der Bühne erzeugen. Durch diese Erfahrungen inspiriert, kam sie auf den Gedanken, auch auf Gefängnisbühnen zu inszenieren. Sie erhielt die Zusage und begann mit den Proben. 

Die erste Produktion WILD IM HERZ zeigte sich von Erfolg gekrönt und Ausbruch, das erste und einzige Gefängnistheater der Schweiz, war geboren.

In den Jahren danach vergrösserte sich das Team und die Organisation des Gefängnistheaters professionalisierte sich. Es kamen immer mehr Gefängnisse dazu. 2014 probierte Sonnenwald eine Inszenierung in einem Krematorium. Seither sind auch Krematorien zu Schauplätzen ihrer Inszenierungen geworden. 

Seit 2021 organisiert sich AUSBRUCH als gemeinnütziger Verein und wird vom Bundesamt für Kulur unterstützt. Neben dem Kernteam sind Spezialist:innen wie Musiker, Kostümbildnerinnen, Juristinnen, Kulturschaffende etc. in die professionelle Arbeit von Ausbruch involviert.

Casting

Zuerst findet das Casting statt, in dessen Verlauf die Gefangenen vorsprechen, das Ausbruch-Team sich vorstellt und das geplante Projekt beschreibt. Mithilfe von Theaterübungen werden Sprach-, Ausdrucks- und Verhaltenskompetenzen getestet.

Im nächsten Schritt entscheidet die Regie gemeinsam mit der Gefängnisleitung darüber, welche Gefangenen am Theater teilnehmen dürfen.

Arbeitsweise

Ausbruch setzt da an, wo sich Talente zeigen und holt die Menschen bei ihren individuellen Kompetenzen ab.

In den Proben werden sprachliche, artistische oder musikalische Fähigkeiten gefördert und in das Projekt eingebaut. Ausbruch betrachtet seine Inszenierungen als Gemeinschaftsprojekte, da die Inhalte stets mit den Gefangenen zusammen erarbeitet werden.

Aufführungen

Die Aufführungen bilden den Höhepunkt der Theaterarbeit. Das auswärtige Publikum wird gemäss den Auflagen des Sicherheitskonzeptes des Gefängnisses eingelassen. Dies bedeutet, dass die Besucher*innen sich voranmelden, am Theaterabend beim Eingang ihr Telefon einschliessen und ihre ID während dem Besuch im Gefängnis abgeben müssen. Nach der Aufführung erhalten Publikum und Gefangene die Möglichkeit, sich auszutauschen.

Rechtliche Grundlage

Im vierten Teil des Schweizerischen Strafgesetzbuchs, in Art. 75,  sind das allgemeine Vollzugsziel und die besonderen Grundsätze des Vollzugs festgehalten. Dabei wird eine Hauptaufgabe des Justizvollzugs deutlich: Resozialisierung der Gefangenen und Prävention von Folgedelikten.

Um die Resozialisierung zu erleichtern, sollte das Alltagsleben in den Anstalten so „normal“ wie möglich gestaltet werden. Die Gefängnisse versuchen daher, den Gefangenen möglichst alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, die „draussen“ existieren, auch hinter den Mauern zu bieten. Dazu gehören nebst Sportangeboten auch Angebote in den Bereichen Kultur und Bildung – und somit das Gefängnistheater.

Anhang

Wissenschaftliche Begleitstudie zum Theater im Strafvollzug „Tell vor Gericht“

«Expertise zur weiteren Implementierung von Theaterprojekten»